Spezialisten für Transfusionsmedizin müssen lange Protokolle überprüfen, bevor sie ihre klinischen Entscheidungen treffen und die richtige Blutmenge transfundieren. Da darf kein Platz sein, Annahmen zu treffen, Interpretationen anzustellen oder andere Formen von Risiken einzugehen. Für einige Patienten ist es lebenswichtig, dass sie bestrahltes Blut erhalten. So wird verhindert, dass sie die fast immer tödlich verlaufende transfusions-assoziierte Graft-versus-Host-Krankheit (TA-GvHD) entwickeln. Die zentralen Fragen für jeden Transfusionsspezialisten lauten in diesem Zusammenhang: Wurde das von mir verwendete Blutprodukt zuvor bestrahlt? Können wir sicher sein? Wie kann bestrahltes Blut von unbestrahltem Blut unterschieden werden? Wie sieht die Verifizierung aus? War der fragliche Blutbeutel wirklich im Bestrahlungsgerät?

Die Schlüsselfrage lautet:
War dieser spezielle Blutbeutel
im Bestrahlungsgerät?

Warum wird Blut bestrahlt?

Der Zweck der Blutbestrahlung besteht darin, die transfusions-assoziierte Graft-versus-Host-Disease (TA-GvHD) zu verhindern – eine mögliche Komplikation der Bluttransfusion, die auftritt, wenn sich lebensfähige Spender-T-Zellen vermehren und in immungeschwächte Patienten nach der Transfusion eingepflanzt werden.“1 Hierbei handelt es sich um eine verzögerte, schwerwiegende und lebensbedrohliche Reaktion, die erst später als 24 Stunden nach Beginn der Transfusion auftritt. – Da die Aussichten auf eine erfolgreiche Behandlung minimal sind und die TA-GvHD eine Sterblichkeitsrate von über 90 % aufweist, muss diese Transfusionsreaktion von vornherein durch eine Bestrahlung des Blutes verhindert werden.

„Bestrahltes Blut wird hergestellt, indem das Blutprodukt einer Strahlungsquelle (Bestrahlungsgerät) ausgesetzt wird. Die Standarddosis der Gamma- oder Röntgenbestrahlung in den USA beträgt 2500 Centigray (cGy). Diese ist auf den zentralen Teil des Behälters gerichtet, wobei eine Mindestdosis von 1500 cGy auf jeden Teil der Komponente abgegeben wird.“2 Eine Überprüfung, dass die Bestrahlung korrekt durchgeführt wurde ist lebenswichtig für Patienten, bei denen das Risiko besteht, an dieser seltenen Krankheit zu erkranken.

Wie können wir sicher sein?

Blutbestrahlungsindikatoren sind die einzigen Verifizierungsinstrumente, um diesen Prozess nachzuweisen. Diese Etiketten werden bei der Vorbereitung zur Bestrahlung auf jeden einzelnen Blutbeutel geklebt. Nach dem Prozess hat sich das Indikatorfeld auf den Etiketten von rot auf schwarz verändert oder es zeigt alternativ ein elektronisch lesbares Bestrahlungsergebnis in Form eines Barcodes. In jedem Fall liefern die verschiedenen Indikatoren den Nachweis, dass jeder einzelne Blutbeutel der Bestrahlung ausgesetzt war und sich tatsächlich im Bestrahlungsgerät befand.

Wenn Spezialisten für Transfusionsmedizin zur Transfusion bereit sind, verlassen sie sich nicht auf Annahmen. Sie unterscheiden unbestrahltes von bestrahltem Blut, indem sie den Indikator auf dem jeweiligen Blutbeutel überprüfen: Er zeigt eindeutig an, dass eine Bestrahlung durchgeführt und das Ergebnis in das EDV-System übernommen wurde.

Warum ist es so wichtig auf jedem Blutbeutel ein Etikett zu haben?

Nicht alle transfusionsmedizinischen Zentren überprüfen die Bestrahlung ordnungsgemäß. Sowohl regelmäßige Dosimetrie-Kontrollen des Bestrahlungsgerätes als auch die Verwendung von Bestrahlungsindikatoren sind sehr wichtig und dürfen nicht ignoriert oder verwechselt werden. Leider ist dies nicht weltweit übliche Praxis. Einige Länder und Blutzentren haben diese spezifischen Protokolle für einen Indikator pro Blutbeutel noch nicht implementiert. Während Dosimeter die Geräte und ihre Leistung überprüfen, beweisen einzig und alleine Bestrahlungsindikatoren, dass das betreffende Blutprodukt tatsächlich in den Bestrahlungsapparat eingebracht wurde. Deshalb sollte auf jedem Beutel vor der Bestrahlung ein Indikator angebracht werden.

Checken Sie das Blut, nicht das Gerät!

Einige Geräte drucken Bestrahlungsetiketten, die nach der Bestrahlung auf die entsprechenden Blutbeutel geklebt werden können. Dies lässt Spielraum für menschliche Fehler bei der Etikettierung der Blutprodukte. Und da die angewendete Dosis an verschiedenen Stellen innerhalb des Kanisters variieren kann, ist dies kein Beweis dafür, dass die Strahlung tatsächlich auf jeden Blutbeutel korrekt angewendet wurde. Einige Blutzentren reduzieren auch ihre Verwendung von Indikatoren, indem sie jedem Bestrahlungsbehälter ein Exemplar hinzufügen. In diesem Fall zeigt die Farbänderung eindeutig, dass die Bestrahlung funktioniert hat. Es ist aber nicht ausreichend klar, ob jeder Beutel tatsächlich einer Bestrahlung ausgesetzt war. Es ist daher sehr wichtig zu verstehen, dass Bestrahlungsindikatoren nicht als Dosimeter oder zur Überprüfung der ordnungsgemäßen Funktion des Bestrahlungsgeräts verwendet werden dürfen. Ihr einziger Zweck besteht ganz einfach darin, unbestrahltes von bestrahltem Blut zu unterscheiden.

Machen Sie keine Annahmen, überprüfen Sie!

Soll das Risiko von Handhabungsfehlern ausgeschlossen werden, ist daher die Verwendung eines Blutbestrahlungsindikators pro Blutbeutel die richtige Strategie. Der EDQM-Leitfaden (2020) des Europarates zur Vorbereitung, Verwendung und Qualitätssicherung von Blutkomponenten besagt, dass „Bestrahlungsindikatoren als Hilfsmittel zur Unterscheidung von bestrahltem und nicht bestrahltem Blut und Blutkomponenten verwendet werden müssen.“3 – eine klare Empfehlung für ein Etikett pro Blutbeutel.
Der Serious Hazards of Transfusion Report (SHOT) 20174 unterstreicht dieses sehr wichtige Detail bei der Vorbereitung von Blutbeuteln für die Bestrahlung: „Gehen Sie bei jedem Schritt des Transfusionsprozesses nicht davon aus, dass in den vorherigen Schritten keine Fehler gemacht wurden; Überprüfen Sie jeden Schritt.“ Blutbestrahlungsindikatoren zeigen an, dass der Bestrahlungsschritt abgeschlossen ist, und wenn sie am Blutbeutel angebracht sind, müssen beim Beginn des Transfusionsprozesses keine Annahmen getroffen werden.
Auch die ISBT5 bestätigt dieses empfohlene Protokoll, indem sie feststellt: „Strahlungsempfindliche Etiketten sind im Handel erhältlich und zeigen, wenn sie an einer zu bestrahlenden Einheit angebracht sind, durch Farbwechsel an, dass der Prozess erfolgreich abgeschlossen wurde.“

Ein Blutprodukt, ein Indikator!

Zusammenfassend sind drei wichtige Punkte zu beachten:

  1. Es ist äußerst wichtig, einen Indikator pro Blutbeutel zu verwenden. Dies ist der einzige Beweis dafür, dass sich das spezifische Blutprodukt tatsächlich im Bestrahlungsgerät befand und der Bestrahlung ausgesetzt war.
  2. Ein Blutbestrahlungsindikator darf niemals als Dosimeter verwendet werden. Sein einziger Zweck ist die Überprüfung der Blutbestrahlung, nicht die Funktionsfähigkeit des Bestrahlungsgeräts.
  3. Die korrekte Methode zur Überprüfung der Blutbestrahlung besteht darin, nicht nur das Gerät, sondern das Blutprodukt selbst zu überprüfen, indem ein Bestrahlungsindikator auf jedem Blutbeutel angebracht wird.

Sources:
1 Sezer Saglam (2011). Blood Irradiation, Modern Approaches To Quality Control, Dr. Ahmed Badr Eldin (Ed.), ISBN: 978-953-307-971-4, InTech, Available from: www.intechopen.com/books/modern-approaches-toquality-control/blood-irradiation
2 AABB Circular of Information for the use of human blood and blood components, 2021-12, pp. 70ff
3 EDQM Guide to the preparation, use and quality assurance of blood components (2020): © Council of Europe, 2020, ISBN 978-92-871-8644-7 , p 188, 4.4.1.2
4 PHB Bolton-Maggs (Ed) D Poles et al. on behalf of the Serious Hazards of Transfusion (SHOT) Steering Group. The 2017 Annual SHOT Report (2018).
5 ISBT Introduction to blood transfusion © 2020 Blackwell Publishing Ltd. ISBT Science Series (2020) 15, 207–231

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